Das Einhörnchen, das rückwärts leben wollte
Autor MOERS, Walter
Verlag Penguin 2024
Die Fiktion bleibt aufrecht: Moers hat zwanzig zamonische Flabeln des Hildegunst von Mythenmetz übersetzt, illustriert und mit einem Nachwort versehen.
Es handelt sich dabei um ‚Lachfabeln‘, kurz Flabeln genannt, und im Nachwort erklärt uns Moers, was es mit Flabeln auf sich hat. Ich zitiere: „Der Definition des maßgeblichen Regelwerks der zamonischen Literatur, des Großen Erchls, zufolge, muss eine Flabel immer mindestens sieben Schmunzler, drei Lacher und ein Scherzfinale enthalten.“
Das sagt sich so einfach, und Moers weist darauf hin, dass er erst durch Übersetzungssünden eine gute Sammlung zustande gebracht hat. Sein Ratschlag lautet auch daher: „Üb ersetzen!“ Denn wie soll man sonst die vielfältigsten Formen des Humors wiedergeben können, wenn es da etwa den sadistischen Humor der Teufelszyklopen, den berauschten Humor der Wüstengimpel oder den zitatversessenen Humor der Buchlinge gibt.
Wie auch immer: Wer im zamonischen Universum zuhause ist (s. Archiv) wird and diesen Flabeln trotz unterschiedlicher Auffassungen von Humor großen Gefallen finden. Ich nenne nur ein paar Titel als Appetitanreger: „Der Ubufant, der nur donnerstags war“; „Der Beißwolf und das Schmiegehäschen“; „Die vier Musiktiere“; „Der Buchling, der nur knoteln wollte“. Das Schöne an all diesen Fabeln ist: Man kann keine erbaulichen Lehren daraus ziehen. Das Einhörnchen etwa, um eine Geschichte zu spoilern, scheitert mit dem Rückwärtsleben, verunfallt und kann nicht einmal zusehen, wie sich seine Gattin ein lustiges Leben macht. Prinzipiell gilt, dass oft genug Tiere, die uns eine Moral vorgeben sollen, ein schnelles und unerwartetes Ende finden. Als Draufgabe gibt es zahlreiche gekonnte Illustrationen vom Übersetzungs-Meister selbst.
In einer Deutschklasse sollte unbedingt die eine oder andere Flabel vorgelesen werden. Das macht die Kinder hoffentlich neugierig auf das Gesamtwerk des Hildegunst von Mythenmetz.
S. 163 (Abenteuer; alle)